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Marketing in der Grauzone: Mit Agilität durch die Zoll-Unsicherheit

Andrew Dimitriou
Andrew Dimitriou
Chief Client & Growth Officer
Länge 7 Min. Lesezeit
Datum April 22, 2025
Marketing in der Grauzone: Mit Agilität durch die Zoll-Unsicherheit

In einer Zeit des ständigen Umbruchs sind nur wenige Kräfte so anhaltend unvorhersehbar geworden wie die Handelspolitik.

Für globale Unternehmen – und damit auch für ihre Marketing Teams – signalisiert das Potenzial von US-Zöllen im Jahr 2025 nicht nur eine logistische Umstrukturierung. Es formt neue Narrative, definiert Margen neu und illustriert auch das emotionale Terrain des Konsumverhaltens neu.

Wenn dies wie eine Übertreibung klingt, bedenken Sie den Auftrag von Marketing Fachleuten: Verbindungen aufzubauen, Wachstum voranzutreiben und – manchmal innerhalb von Stunden – auf seismische Veränderungen zu reagieren, die nichts mit dem geplanten Kampagnen Kalender zu tun haben.

Zölle sind keine abstrakten Variablen mehr, die in Gewinnberichten versteckt sind. Sie sind Echtzeit-Herausforderungen, die Agilität nicht als Tugend, sondern als Grundlage erfordern.

Wie sieht also agiles Marketing in dieser Ära wirtschaftlicher Grauzonen aus? Es geht weniger um reaktives Umschwenken, sondern vielmehr um die Entwicklung von Systemen, die sich flexibel anpassen können, ohne zu zerbrechen.

Sicherheit gegen Szenarien eintauschen

Die Herausforderung: Agilität beginnt mit Planung, nicht mit starren Zeitplänen, sondern mit vordefinierten Szenarien. Marketingteams, die einst Kampagnen nach sauberen Quartalsplänen ausrollten, müssen nun Pläne gegen politische Möglichkeiten abwägen. Was passiert, wenn Zölle ausgeweitet werden? Was passiert, wenn ein Partnerland Vergeltung übt? Was passiert, wenn die Beschaffungskosten steigen?

Die Chance: In dieser neuen Normalität müssen Kampagnen-Creatives modular, Botschaften anpassungsfähig und Media Einkäufe flexibel genug sein, um sich kurzfristig zu verschieben. Es geht nicht darum, die Zukunft vorherzusagen, sondern darum, sie zu proben.

Marken sollten in Erwägung ziehen, von einem statischen monatlichen Kampagnenmodell auf ein Modell umzusteigen, das auf modularen Assets basiert, die in wöchentlichen Sprints erstellt werden. Dies ermöglicht es dem Marketing, basierend auf Live-Beständen, sich ändernden Margen und sich entwickelnden Kundensignalen flexibel zu reagieren.

Der Media Einkauf kann der gleichen Logik folgen. Die Ausgaben passen sich dem an, was verfügbar ist, nicht nur dem, an wen es gerichtet ist. Kreative und Media-Expert:innen sollten täglich miteinander sprechen – nicht weil sie sich im Krisenmodus befinden, sondern grundsätzlich.

Hier wird KI auch mehr als nur ein Dashboard. Wenn Tools Musterschwankungen oder Anomalien erkennen können, liegt die wahre Stärke darin, auf dieses Signal reagieren zu können, ohne drei Teamebenen neu zu briefen oder Assets von Grund auf neu zu erstellen.

Mit den Randbereichen der Unternehmensstruktur zusammenarbeiten

Die Herausforderung: In der Unternehmenskultur herrscht ein stiller Mythos, dass Marketing den „echten“ operativen Entscheidungen nachgelagert ist. In einer von Zöllen belasteten Wirtschaft ist effektives Marketing jedoch eng mit dem Rest des Unternehmens verknüpft. Ist der Lagerbestand aufgrund von Lieferengpässen knapp? Das beeinflusst die Promotion-Kadenz. Passt das Finanzteam die SKUs wöchentlich an? Das berührt die Markenwahrnehmung.

Die Chance: Wir haben bei einigen Kund:innen eine Reduzierung der Kampagnenverschwendung im zweistelligen Bereich erlebt, einfach dadurch, dass die Mediaausgaben der Lagerverfügbarkeit folgten und nicht vordefinierten Plänen. Andere haben dynamische Preisbotschaften auf der kreativen Ebene eingebettet, sodass sich eine Promotion in Echtzeit aktualisiert und nicht erst eine Woche später.

Die Marketingexpert:innen, die jetzt erfolgreich sind, sind nicht nur Brand Managerr:innen – sie sind Verbindungsleute, die im Zentrum von Logistik, Recht, Finanzen und Kundensupport sitzen. Agilität erfordert Nähe zu den Entscheidungen, die das Kundenerlebnis prägen, lange bevor eine Anzeige live geht.

Zuhören mit technologischem Verständnis

Die Herausforderung: Daten, die schon lange als Co-Pilot von Marketing Fachleuten fungieren, müssen nun zum Radar werden. Echtzeit-Analysen sind nicht nur hilfreich – sie sind entscheidend.

Die Chance: Ob es sich um Suchtrends handelt, die auf wachsende Besorgnis über die Produktverfügbarkeit hindeuten, oder um Engagement-Einbrüche nach einer Preisanpassung – Marketing muss anders zuhören. Es geht weniger um Dashboards als vielmehr um eine Denkweise: die Bereitschaft, anzuhalten, umzuleiten und auf Live-Signale statt auf vierteljährliche KPIs zu reagieren.

Zum Beispiel haben wir mit der globalen Möbelmarke für Heim und Büro MillerKnoll zusammengearbeitet, um eine neue Datenplattform als „Single Source of Truth“ zur Unterstützung ihrer drei Kerndatenprodukte aufzubauen. Benutzerdefinierte Dashboards gaben ihnen einen Überblick über Einzelhandels- und Vertragsverkäufe für ihre gesamte Produktpalette sowie über alle E-Mail- und Social-Media-Marketingaktivitäten und -ergebnisse.

Unser Data-Science-Team erstellte auch ein Machine-Learning-Modell, das vorhersagen konnte, bei welchen Kund:innen die Wahrscheinlichkeit für zukünftige zusätzliche Käufe höher oder niedriger war. Diese Analyse identifizierte etwa 45.000 E-Mail-Adressen und ein Cross-Brand-Umsatzpotenzial von 90 Millionen US-Dollar für MillerKnoll.

Ein anderer Kunde mit vielen SKUs und einem stark saisonabhängigen Geschäft hat die Verkäufe von Kernprodukten – denjenigen, die sich in jeder Saison gut verkaufen – als Frühindikatoren für die allgemeine Konsumstimmung identifiziert. Sie werden diese Verkäufe genauer verfolgen, um potenzielle Volatilität zu erkennen, die sonst durch die vielen anderen Variablen in ihrem Geschäft verdeckt werden könnte.

Transparenz ist die neue Loyalität

Die Herausforderung: Wenn Kund:innen von den Auswirkungen der Geopolitik betroffen sind wie zum Beispiel verspätete Lieferungen oder höhere Preise, wollen sie nicht nur eine Lösung, sondern auch in diesen Problemen ernst genommen werden.

Die Chance: Marken, die offen kommunizieren, warum Veränderungen stattfinden und wie sie darauf reagieren, sind besser positioniert, um Vertrauen zu gewinnen.

Trotz eines Umsatzanstiegs von 7 Prozent weltweit im ersten Quartal 2025 spürte die französische Luxusmarke Hermès eine nachlassende Dynamik auf dem amerikanischen Markt. Als Reaktion darauf vollzog die Marke eine seltene öffentliche Kehrtwende: Sie wird die Preise für ihr US-Angebot ab dem 1. Mai erhöhen, zusätzlich zu ihren üblichen jährlichen Anpassungen.

Das Unternehmen entschied sich für Transparenz statt Diskretion und erläuterte seine Beweggründe klar und deutlich.

Dies ist keine neue Idee, aber in Zeiten der Ungewissheit wird sie dringend. Vagheit untergräbt das Markenkapital. Klarheit – gepaart mit Bescheidenheit – stellt es wieder her.

Optionalität vor Optimierung

Die Herausforderung: In den 2010er Jahren hieß es ‘Optimization is King’: jeden Cent aus einem Kanal quetschen, jeden Klick aus einem Creative, jede Conversion von einer Landingpage. Da externe Schocks jedoch häufiger auftreten, übertrifft Resilienz nun die Effizienz.

Die Chance: Diversifizierung – von Märkten, Lieferant:innen, Kanälen und sogar Zielgruppen – ist die Marketing-Version eines Druckentlastungsventils. Diejenigen, die mehrere Wege planen, auch wenn einige zuerst teurer sind, sind besser auf die nächste Kursänderung vorbereitet.

Zum Beispiel erwägt einer unserer Kund:innen, die Preise in Nordamerika zu erhöhen und zu prüfen, ob die Fokussierung auf andere Märkte besser wäre. Einige Lower-Funnel-Kampagnen in den USA wurden storniert, aber die allgemeine Direktive besteht weiterhin darin, das Geschäftswachstum in Nordamerika voranzutreiben, solange die Zahlen weiterhin gut laufen. Sie sind sich bewusst, dass sich die Dinge aufgrund der Zoll-Unsicherheit ändern können und werden ihre Strategie und ihre Marketingausgaben bei Bedarf weiterhin anpassen.

Ein anderer globaler Einzelhandelskunde, der langfristig höhere Investitionen in Schlüsselregionen auf seiner Roadmap hatte, priorisiert nun seine Investitionen in diesen Regionen gegenüber den USA. Sie machen ihre zukünftige Chance zur heutigen Priorität, um ein ausgewogeneres Geschäft zu schaffen.

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Der Think Tank von DEPT® hilft Marken, die US-Zölle und damit verbundene Marktunsicherheiten zu meistern.

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Marketing, neu gedacht

Agilität im Marketing ist keine Funktion. Sie entwickelt sich gerade zu seinem Fundament.

Die Bewältigung der Komplexitäten der US-Zölle erfordert von Marketing Expert:innen, proaktiv, kollaborativ und anpassungsfähig zu sein. Durch die Akzeptanz von Szenarioplanung, die Förderung funktionsübergreifender Zusammenarbeit, die Nutzung von Echtzeitdaten, transparente Kommunikation und die Erkundung von Diversifizierung können Marketing Teams trotz Unsicherheiten Agilität bewahren und Erfolge erzielen.

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