Digitalisierung: Leuchtturm-Projekte erfolgreich umsetzen

Tim Schröder
Tim Schröder
VP of Growth, Experience, Engineering DACH
Length
7 min read
Date
1 April 2021

Für viele globale Unternehmen steht das Thema Digitalisierung weit oben auf der Tagesordnung. Der Umfang kann dabei von der Digitalisierung bestimmter Touchpoints und der Optimierung interner Prozesse bis hin zur häufig angestrebten vollständigen Transformation aller Unternehmensbereiche reichen.

Die Umsetzung von Digitalisierungsprojekten birgt gewisse Risiken. Darum ist ein durchdachtes Vorgehen besonders wichtig. Das gilt sowohl für die initiale Planung als auch die Auswahl und Umsetzung entscheidender Leuchtturmprojekte und insbesondere, wenn das Ziel besteht, langfristig die Technologie inhouse selbst in die Hand zu nehmen.

Support von oben und Wandel von unten

Jeder Change-Prozess bringt Veränderungen in der Arbeitsweise und der Denkweise im Unternehmen mit sich. Darum ist es erfolgsentscheidend, dass das Projekt auf dem C-Level vorangetrieben wird. Ausreichender Wandel kann von Unternehmen nur dann erreicht werden, wenn der Führungskreis  von dessen Notwendigkeit überzeugt ist. Häufig stellt sich heraus, dass der menschliche und prozessuale Wandel für das Unternehmen wesentlich einschneidender ist, als die technologische Transformation. Darum kann es ratsam sein, ein “Innovation Lab” zu gründen oder einen Start-up-Ansatz zu verfolgen. Bei beiden Vorgehensweisen ist eine gute Zusammenarbeit mit dem CEO unerlässlich, um das Projekt vom Kerngeschäft und bestehenden Hierarchien zu trennen. Auf diese Weise erreichen Sie das Maß an Agilität, das notwendig ist, um die Transformation voranzutreiben.

Die Anfangsphase

Beginnen Sie Ihr Digitalisierungsprojekt immer mit einer Einführungsphase, während der Sie sich die drei Schlüsselfragen nach dem Warum, dem Was und dem Wie stellen. 

Beantworten lassen sich diese essentiellen Fragen mithilfe eines Methodenmixes, der sowohl Workshops als auch Beobachtungen, Customer-Journey-Mapping und Research beinhaltet.

Warum?

Bevor Sie in die digitale Transformation starten, sollten Sie Ihre Gründe hierfür klar definieren. Versammeln Sie alle wichtigen Stakeholder und stellen Sie die richtigen Fragen: Warum unternehmen wir diesen Wandel? Wollen wir unser gesamtes Geschäftsmodell neu evaluieren oder genügen kleine iterative Änderungen an bestehenden Prozessen? Wie setzen wir uns klare quantitative Ziele?

Stellen Sie die Antworten auf diese Fragen offen zur Diskussion und stellen Sie sicher, dass sich alle Beteiligten über die Beweggründe für das Projekt einig sind.

Was?

In der Was-Phase geht es darum, den Status Quo zu verstehen und Quick-Wins zu identifizieren. Beides ist hilfreich für die Entwicklung Ihrer Roadmap. Diese Phase lässt sich in drei unterschiedliche Bereiche unterteilen:

  • Ökosysteme 
    Nutzen wir bereits digitale Technologien zur Optimierung unserer Prozesse? Wo liegen unsere Pain-Points und wo die Chancen? Wie müsste unser Unternehmen in einer Digital-First-Welt aussehen?
  • Geschäftsarchitektur 
    Nutzen wir bereits digitale Technologien zur Optimierung unserer Prozesse? Wo liegen unsere Pain-Points und wo die Chancen? Wie müsste unser Unternehmen in einer Digital-First-Welt aussehen?
  • Die Grundlagen
    Welche Technologien nutzen wir derzeit? Was können wir ändern und für welche Altsysteme müssen wir Workarounds finden? Haben wir Mitarbeitende mit den richtigen Kenntnissen und Fähigkeiten im Unternehmen? In welchen Bereichen benötigen wir externe Unterstützung?

Wie?

Beginnen Sie in dieser Phase damit, sich mit der Roadmap Ihres digitalen Wandels zu beschäftigen. Konkretisieren Sie die ersten unternehmensweit sichtbaren Leuchtturmprojekte, die zahlreiche Unternehmensbereiche berühren und das Potenzial haben, weitere zukünftige Projekte anzustoßen. Ein Leuchtturmprojekt ist der Agent des Wandels und muss beweisen können, dass Ihr Digitalisierungskonzept umsetzbar ist.

Achten Sie in dieser Phase darauf, dass die Ergebnisse des Projekts nicht mit den  Anforderungen des Tagesgeschäfts in Konflikt geraten. Häufig bewährt sich ein “Dual-Run”-Szenario, bei dem die herkömmlichen Teams das Geschäft wie gewohnt weiterführen, während sich im Hintergrund ein neues agiles Lead-Team bildet.

Beschäftigen Sie sich während dieser Phase auch mit Hindernissen, die aus dem Weg  geräumt werden müssen. Im Laufe des Leuchtturmprojekts werden Sie ohnehin weitere Blockaden identifizieren. Diese aufzulösen, ist selbstverständlicher Bestandteil des Projekts. Zu den gängigen Hindernissen zählen unter anderem die interne Verwaltung, Hierarchien, Freigabeprozesse, und rigide IT-Richtlinien für Zugriffsrechte und Deployment.

Als nächstes wird es Zeit, Silos innerhalb des Unternehmens aufzulösen und neue Organisationsstrukturen einzuführen. Vor der Perfektionierung des Projektergebnisses steht die Etablierung einer Arbeitskultur des Testens, Lernens und Beschleunigens.

Definition eines Leuchtturmprojekts

Ich glaube fest an das Prinzip des Wandels durch Umsetzung. Gemeint ist damit, dass wirkliche Veränderungen nur erreicht werden können, wenn man sie entgegen aller Widerstände und Hindernisse einfach umsetzt. Entscheiden Sie sich also schon zu Beginn des Transformationsprozesses für ein konkretes Projekt, das als Leuchtturm dienen soll. In der technischen Umsetzung werden neue Arbeitsweisen und insbesondere die Herausforderungen an die aktuellen Unternehmensstrukturen sichtbar werden.

Bei der Wahl eines Leuchtturmprojekts als exemplarisches Projekt sollten Sie folgendes beachten:

  • Ein hoher Business-Value und eine große Sichtbarkeit verhindern, dass das Projekt vorzeitig beendet wird oder versandet.
  • Wenn möglichst viele Unternehmensbereiche und Silos involviert sind, lassen sich Hindernisse besser identifizieren und der Wandel umfassender anstoßen.
  • Eine verbindliche Deadline veranlasst Management und operatives Team dazu, Hindernisse schnell aus dem Weg zu räumen.

Bei der Umsetzung  eines Change-Projekts für Adidas haben wir bei DEPT® in einem als Leuchtturmprojekt ein Produkt entwickelt, mit dessen Hilfe die Marke den Value ihrer Digitalkampagnen maximieren kann. Folgende Kriterien sprachen für ein Leuchtturmprojekt:

  • Unsere Lösung umfasste alle vier grundlegenden Geschäftsbereiche, Kreativagenturen und die IT.
  • Durch das Projekt ließen sich jährlich Millionen Euro einsparen.
  • Und die Deadline? Wir mussten pünktlich zur Fußball-Europameisterschaft online sein.

Das Umsetzungskonzept

Bei der Durchführung eines Leuchtturmprojektes sollte das Team agilen Prinzipien folgen, die darauf ausgerichtet sind, schnell funktionierende Software zu liefern, um zügig Business Value freizusetzen. Das kann bedeuten, dass der Fokus auf der Automatisierung, der Entwicklung von Testläufen und der Zusammenarbeit von Agenturteams vor Ort mit Ihren internen Teams liegt.

Dieser Ansatz kann oft mit internen Altprozessen und dem Personal kollidieren. Dies ist jedoch zu erwarten, und der Einsatz eines Leuchtturmprojekts zur Identifizierung und Überwindung dieser Hindernisse ist unerlässlich. Während der Durchführung sollte Ihre Agentur eng mit den vorhandenen Teams zusammenarbeiten, um die Arbeitsweisen zu optimieren und sicherzustellen, dass der Schwerpunkt auf der Realisierung und nicht auf dem Arbeitsprozess liegt.

Leistungsfähig werden

Eine der wichtigsten Antriebsfaktoren für die Digitalisierung von Unternehmen ist die eigene Leistungsfähigkeit, um nicht auf ausgelagerte Partner angewiesen zu sein. In den späteren Phasen der Umsetzung des ausgewählten Leuchtturmprojekts sollte Ihre Agentur mit Ihrem Unternehmen gemeinsam an der Rekrutierung und dem Training interner Mitarbeiter arbeiten. Die Mitarbeitenden sollten in Entwicklungsteams eingebunden werden, um Erfahrungen mit dem Produkt zu sammeln, optimale Vorgehensweisen kennenzulernen und schließlich die Leitung der Teams zu übernehmen.

Diese Teammitglieder sollten neue Projekte leiten, damit die erlernten Kompetenzen und Arbeitsweisen im Unternehmen verankert werden können. An dieser Stelle sollte die Agentur ihr Mitwirken zurückfahren; in einigen Fällen sollte sie sich vollständig aus dem Projekt zurückziehen oder sich auf strategischen High-Level-Support beschränken.

Dieser Planungs-, Umsetzungs- und Empowermentprozess wird Ihr Business verändern. Das Leuchtturmprojekt macht Ihr Unternehmen stärker und beweglicher als zuvor, und schafft die Voraussetzungen, sich in einer sich ständig wandelnden Marktlandschaft zu behaupten.

Mehr Artikel?

Alle Artikel ansehen

Fragen?

VP of Growth, Experience, Engineering DACH

Tim Schröder